Ein Tischblatt und Füsse. Zusammen ergeben sie ein Möbel, genannt Tisch. Und steht dieser in der Küche oder im Wohnzimmer, heisst er Esstisch. Punkt. Banal? Weit gefehlt. Der Esstisch ist nicht irgendein Möbel, er ist das Möbel schlechthin!
Er figuriert als Herzstück des Hauses! Wenn nicht, dann dürfte das Haus wohl tot sein.
Das Leben spielt sich rund um den Esstisch, auf und an ihm ab. So stoisch er jahrein, jahraus die Stellung hält, ist er doch der Puls des Universums, das durch die Lebensräume des Hauses wabert. Chronik der Familiengeschichte; Bühne der kleinen und grossen Dramen; Halt in grösster Verzweiflung; Plattform für Spiel und Spass; verschwiegener Zuhörer geflüsterter Geheimnisse; stummer Betrachter von Glück und Leid; Serviertablett herrlichster Speisen und schweren Weins; Resonanzboden perlenden Lachens und tobender Fäuste; gutmütiger Untergrund für Guetzliteig, Buntstiftattacken und sonstiger Werkereien; Ablagefläche für aufgeschlagene Bücher, Einkäufe, Aufgabenhefte und allerlei Krimskrams ohne Adresse; Kopfkissen nach langen Diskussionen.
Sich hinsetzen, ein „Chacheli“ Kaffee vor sich und ein Gegenüber, das zuhört; nicht nur Gotthelf wusste um diesen Seelentrost. An einem Esstisch kommt doch alles wieder ins Lot. Kann man schweigen, pausieren, sitzen bleiben, sinnieren: Über Gott und die Welt oder beides. Der Esstisch verbindet, ist Knotenpunkt der Lebensläufe, die den Haushalt bereichern, Wahrzeichen der Beziehungen der Menschen, die täglich an ihm sitzen.
Ein Tischblatt und Füsse und ein paar Kerben und Kratzer, in sich das Lachen und Seufzen von dir und mir und euch und uns: Der Esstisch ist mehr als ein Möbel, er ist das Möbel der Generationen und meiner Geschichte.