Sitze am Fluss und schaue ihm beim Fliessen zu. Sein stilles Dahingleiten beruhigt mich, lädt mich ein, durchzuatmen, zur Ruhe zu kommen und mich in seine Bewegung zu versenken. An der Stromschnelle verwirbelt das Nass und die Wellen hüpfen kurz übereinander und schon hat sie der Rhythmus wieder, fügen sie sich ein ins stetige Strömen. Die Wiederholung fasziniert mich.
Vor der Unebenheit, dem Hindernis ist das Wasser wie aus einem Guss; dann kurz teilt sich die Menge in Wirbeln, Überschlagen, Drehen, Kräuseln und Davoneilen. Und im nächsten Moment ist alles wieder gross, zusammen, stromlinienförmig, beruhigt, egalisiert und fliesst. Fliesst einfach immer weiter. Ohne Unterbruch, ohne wehmütiges Zurückblicken, vorwärts, dem grossen Ozean entgegen.
Da tanzt ein Blatt daher, getragen auf der glatten Oberfläche. Keine Ahnung, wo es herkommt, wo es seine Reise hintragen wird. Und bereits habe ich es aus dem Auge verloren. Denn unaufhaltsam schiebt neues Wasser das eben Vorbeigeflossene weiter.
Es ist immer derselbe Fluss und doch nicht dasselbe Wasser. Die Bewegung steht nie still. Muss ich das bedauern?
Nein. Ich sitze noch immer gedankenversunken am Ufer und bin dankbar für das Bild. Es geht immer weiter. Es kommt immer wieder Neues. Die Stromschnellen sind nicht die Regel. Alles ist Teil des Ganzen und macht die Wendung des Weges mit. Das Leben kann noch so aufwühlen, es kommt immer wieder zur Ruhe.
Wer sich verändert bin ich, die ich da sitze und schaue, die Konstanz des Flusses zeigt mir unter anderem auch diesen Aspekt. Und das ist wunderbar.
Liebe Manuela, habe grad eine kleine Pause und tauche ein in deine Flusserzählung. Die Worte, das Bild tun mir sehr gut und fast wünsche ich dort zu sitzen. Ich höre das Plätschern, ich rieche das typisch Nasse, ich sehe die Wirbel und das natürliche Durcheinander des steten Flusses. Eine Schülerin ruft mich. Sie hat eine gewaltig wichtige Frage… ich schmunzle und gehe weiter. Ich grüsse dich von Herzen Franziska