Tagträumen

 

Als Kinder konnten wir stundenlang beobachten, selbstvergessen irgendwo stehen oder liegen und scheinbar Uninteressantes fasziniert begutachten. Jedes Schneckenhäuschen aufheben und dessen Musterung und Farbe untersuchen, als gälte es, einem Geheimnis auf die Spur zu kommen. An einem Bächlein mit einem Ast und einer Schnur bewaffnet sitzen und fischen.

Am andern Ende des Lebensweges findet diese Tugend, sich im Betrachten einer Sache zu verlieren, offensichtlich wieder breite Zustimmung. Sich anlehnen, ein Pause gönnen und Zuschauen. Länger als nötig vielleicht, sich nicht darum kümmernd, ob hastig jemand an einem vorbeihetzt. Einfach die Umgebung in sich aufnehmen, etwas Bestimmtes fokussieren, um dann innerlich an einer Erinnerung hängen zu bleiben und tagzuträumen. Ein schönes Bild, nicht?

Was hindert uns, die Generation dazwischen, inne zu halten? Sich mit Wonne an einen Zaun zu lehnen und ein paar Kühen beim Wiederkäuen zuzuschauen. Dabei einen Grashalm zwischen den Zähnen zu kauen und einfach nur wirken lassen, was die Natur uns an Schauspiel zu bieten hat?

Haben die Jungen und Alten mehr Zeit als wir? Weniger Sorgen, die uns unruhig machen und zu Aktivismus drängen? Oder haben sie noch nicht verlernt resp. wiederentdeckt, den Moment zu geniessen, mit allen Sinnen im Jetzt zu sein?

Jetzt nur nicht gleich vom fünften in den ersten Gang herunterschalten und diesen heiss laufenden Motor abwürgen; ab und an einen Sommerhut aufsetzen und wie ein Reisender die Umgebung betrachten, einfach so, weil Schauen eine wunderbare Tätigkeit ist.

4 thoughts on “Tagträumen

  1. Liebe Manuela

    Ich kann Deinen Gedanken voll und ganz zustimmen, je älter man wird desto mehr Zeit nimmt man sich um inne zu halten und auch ein wenig zurück zu schauen…… Man nimmt Situationen ganz anders wahr als früher, die einem vorher in der Hetze des Alltags verborgen blieben, oder man sie nicht wahrnehmen wollt……

    Ich werde in Zukunft jede Minute geniessen und auskosten, mir die Zeit nehmen und die Schönheit des Lebens geniessen.

  2. Da triffst Du mitten ins Herz. Wie oft radle ich am Morgen und am Abend der Aare entlang und nehme auf dem Fahrrad die Umgebung wahr. Viel zu wenig steige ich ab, setze mich hin, schenke mir die Zeit und lasse alles auf mich wirken.

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