Die gute Kinderstube ist ein Gemäuer
das Fritzchen wert und teuer
mittels Rat und Tat Benimm und Anstand angedeiht
und so die nöt`ge Würde ach verleiht
Am Abend folgsam husch ins Bettchen
und leise dort geblieben
bis des Morgens in der Küche, aller Emotionen Funken stieben
Mit frischen Socken
zu Tische hocken
still den Nachrichten gelauscht
wo irgendetwas aufgebauscht
zu einem Bilde wird, das seinen Eltern recht missfällt
und ihnen Tag und Laune arg vergällt
Am Tische brav den Teller ausgegessen
und gerade auf dem Stuhl gesessen
das Wort ergreifen, wenn man an der Reihe ist
und aufgestanden, wenn der Form nach Du entlassen bist
Sag ja, sag nein, sag bitte und auch danke
so findest Du den Ranke
mit welchem Du auf jedem ach so glattpoliert und glänzendem Parkette
souverän Dich aufrecht hältst, weisst: Etikette!
Und wenn der guten Kinderstube Schliff
Dich ausstaffierte und klar Schiff
Du machst und losstürmst in der Welten Meere
überrollt Dich einer ungeheuren Welle gleich die Leere
Wo sind denn all die hehren Werte Mütterchen
wozu sollten sie mich dereinst lenken
es ist ja nichts so sehr in Bütterchen
wie ihr mir blumig wolltet schwenken
Toleranz verlangen jene, denen sie so richtig fehlt und krängt
und zu brandschwarz grossen Lügen, wirst Du dort wie hier gedrängt
der Sache Willen Einsatz ist belächelt und verpönt
selbstverliebter Eigennutz, heisst das Programm, dessen man hier frönt
Die Welt ist gar nicht so, wie ihr sie dargestellt
sagt Fritze wütend und geprellt
ach Sohn, meinen da die Mutter und der Vater schwach
des sind wir uns bewusst, mit Weh und Ach
Pfadiwerte, Buntstift und der Lieder viel gesungen
sind einer Träumerei Erwachsener entsprungen
ihr solltet einmal wenigstens in eurem Leben und wenn nur theoretisch wissen
was in der Praxis ihr dann täglich würdet, müsstet missen
Was für eine blöde Puppe
kochte diese fade Suppe
Fritz ist heute gross und frech und busper
und verfährt nach gegenwärt`gem Muster
Den vom Wasser und vom Wein
ach lassen wir die Sprüche sein
die Rechte mir, die Pflicht den Dümmern aufgebrummt
so rollt der Rubel und die Rübe summt
Solange ich hab, lass fröhlich nur mich weitertanzen
meint der Fritz und klopft sich auf den dicken Ranzen
die Kinderstube ist ein Ungeheuer
das weggeschlossen in ein Gemäuer
erst viel später wieder taugt
Dann nämlich, wenn der kluge Fritz im Werben um höchste Ämter will brillieren
und er heuchlerisch so richtig auf die Tube drückt
mit Enkel Fritzchen auf dem Arm in der Kinderstube sitzt, um Pädagogik zu zitieren
ein wunderglattes Bild, die Wähler sind entzückt
Ja, die Kinderstube ist ein trotzig Ding von langem Leben
trotz widerwärt`gem Klima gibt es mancherorts noch solche Zimmer
wo statt widersprüchlichem Geflimmer
sich Anstand und Authentizität die Hände geben
Fritzchen, Fritze und auch Fritz, ich sage Dir
werden stetig neu geboren
Es liegt an uns, an Dir und mir
Dass Kinderstuben-Elixiere ausgegoren
zu einem Leben, das auch Rücksicht auf den andern nimmt sie führet
auf dass es auch zuoberst in den Reihen
wieder Menschen gibt, an deren Sein und Tun man spüret
dass die guten Werte helfen für ein fröhliches Gedeihen
Liebe Manuela,
die Gegenwart hast du so wunderbar und stilistisch sicher auf den Punkt gebracht, da braucht man nichts hinzuzufügen!!!
Liebe Grüße
Bernhard